Into Darkness

Veronika Ahnert • Feb. 27, 2022
Ok, das mit der Abwechslung durch die Ukraine-Krise nehme ich zurück (siehe Blockbucheintrag vom 14.02.2022). Aber vergangene Woche hätte ich mir beim besten Willen nicht die Ereignisse dieser Woche vorstellen können. In Diskussionen habe ich noch versucht, Verständnis für die Sichtweise Putins zu zeigen. Das war naiv. In gewisser Weise waren wir das wohl alle – naiv im Kollektiv. Vereint im Glauben an gewisse Spielregeln in der Diplomatie, an Grundsätze des Völkerrechts und an die Glaubwürdigkeit von Staatspräsidenten, selbst wenn es sich um Autokraten handelt. Wenn ich das jetzt so schreibe, kommt es mir selber blöd vor...
Der nahtlose Übergang von Forderungen Russlands nach Sicherheitsgarantien hin zu einem Angriffskrieg auf die Ukraine war nach bisherigen politischen Maßstäben nicht vorherseh- oder vorstellbar. Putin scheint angesichts seines bevorstehenden 70. Geburtstages unter Zeitdruck. Als sich die Gegenseite nicht ausreichend provozieren ließ, um ihm einen noch so an den kaum noch wachsenden Haaren herbeigezogenen Vorwand für einen Gegenschlag zu liefern, legte er einfach los. Ich werde das Gefühl nicht los, dass sein Vorgehen von langer Hand geplant und vorbereitet war und kaum eine Reaktion der Ukraine, des Westens oder der Nato dies noch hätte aufhalten können. Die Inszenierung ließ gerade noch Raum für den Abschluss der olympischen Spiele im verbündeten China, dann war die Bühne frei für Putin. Ein Narzisst gefangen zwischen Größen- und Verfolgungswahn, der scheinbar unbedingt als großer russischer Eroberer in die Geschichte eingehen will.
Wieso gelingt es gerade psychisch gestörten Egomanen immer wieder in solche Machtpositionen zu gelangen? Warum finden sie so viel Unterstützung, warum hält sie keiner auf, bevor es zu spät ist? Ihre Kompromisslosigkeit und klare Haltung macht sie wohl zu starken Führungspersönlichkeiten, ihre Skrupellosigkeit erzeugt Unterwürfigkeit. Kritiker werden gnadenlos ausgemerzt. Kennen wir, hatten wir hier leider auch schon.
Der Welt wäre ein bisschen mehr hanseatische Sachlichkeit und Verlässlichkeit à la Olaf Scholz zu wünschen. Lieber bei den Nachrichten gelangweilt einschlafen als im realen Albtraum zu erwachen!
Gerade glaubten wir, den schlimmsten Teil der Pandemie überstanden zu haben und uns auf unbeschwertere Zeiten freuen zu können, da spuckt uns Wladimir allen in die Suppe. Und gegen kriegslustige Despoten hilft leider keine Impfung. Dagegen kommen mir die Sorgen der Pandemie schon wieder lächerlich vor.
Wo ist James Bond, wenn man ihn braucht? Was wie Fiktion in einem Blockbuster anmutet, ist leider traurige Realität. Da hilft kein Superagent, kein Harry Potter, kein Obi-Wan und auch nicht Wonder Woman gegen diese dunkle Macht. Vielleicht eine Spritze Strychnin oder Nowitschok intravenös verabreicht? Nein, auch diesem Aggressor sei ein fairer Prozess vor dem internationalen Strafgerichtshof gegönnt, bei dem dann seine geistige Unzurechnungsfähigkeit attestiert werden kann, die wohl zu verminderter Schuldfähigkeit führen dürfte.
Ein Eingreifen von außen ist angesichts der nuklearen Drohkulisse zu riskant. Bleibt nur, zu hoffen, dass es noch mutige und vernünftige Menschen im Umfeld von Putin gibt, die sich diesem Wahnsinn aktiv entgegenstellen und Schlimmeres verhindern. Wollen wir nicht alle, dass unsere Kinder in Sicherheit aufwachsen? Dass eine friedliche Welt auf sie wartet? Was sollen wir ihnen sagen? Wer kann Putin stoppen?

Das Dilemma der Macht
von Veronika Ahnert

Soldaten legt die Waffen nieder!
Seht ihr nicht, ihr schießt auf eure Brüder!
Hört auf euer Herz und den Verstand,
habt ihr denn noch nicht erkannt?
Der Krieg erzeugt nur Leid und Not,
das Blut klebt an euch bis in den Tod.

Legt die Waffen aus den Händen,
dann könnt ihr euer Schicksal wenden.
Was würden die Mütter und Kinder sagen?
Würde Herr Putin sie je fragen?
Nein, denn sie sind ihm völlig egal,
aber hier und jetzt habt ihr die Wahl:

Wem wollt ihr folgen, dem Hass und den Lügen?
Ihr werdet euch um euer Glück betrügen!
Ihr könnt nicht anders, ihr müsst euch fügen?
Seid so gedrillt und selbst wenn gewillt,
müsst ihr tun, was die Offiziere sagen,
etwas anderes dürft ihr gar nicht wagen.

Offiziere, drum ist es eure Pflicht,
stellt die Angriffe ein, was - ihr wagt es nicht?
Ihr folgt den Befehlen von den Generälen,
das nützt euch später nichts vor Gericht!
Nicht Ruhm sondern Schuld werdet ihr vererben.
Mein Gott, wie viele Menschen sollen noch sterben?

Nun Generäle, dann kommt's auf euch an,
ihr kommt am besten an den Präsidenten ran.
Vergesst nicht, ihr dient dem Volk eures Landes
und nicht einem Diktator bar klaren Verstandes.
Drum macht euch bitte schnell Gedanken
und weist den Zaren in seine Schranken.

Seid versichert, die ganze Welt wird es euch danken!
von Veronika Ahnert 22 Dez., 2023
Nichts märchenhaftes gibt es zu berichten. Der Taumel zwischen Leit- und Leidbild, Parlamentarismus und Populismus, nimmt in der Sturmflut der Polemik schwindelerregende Formen an. Und welche Rolle spielt nochmal die Berufswahl? Eure Kinderbuchautorin
Eisberg auf dem Stausee
von Veronika Ahnert 21 Aug., 2023
Das Sommerloch im Eisberg Wer am heutigen Sommertage den Weg zum Stausee fand, dem bot sich ein gar seltsames Bild. Die Spitze des kolossalen Eisberges – der schwimmenden, makroplastischen Attraktion des kommunalen Freibadbetriebes für kletterfreudige und springmutige Badegäste – war in sich zusammengesackt und die Überreste des Ungetüms bekamen dadurch in der nachmittäglichen Hitze schon fast einen realen Anschein. Die Luft war teilweise raus, übrig blieb ein unförmiger, übergroßer weiß-grauer Sack – der Anblick war entsprechend jämmerlich. Rot-weiße Absperrbänder weisen das Objekt nunmehr als Verbotszone aus. Schon die Kassiererin am Einlass informierte vorsorglich: „Der Eisberg schmilzt.“ Mangels offizieller Informationen trieben daraufhin die ersten Spekulationen unter den auf dem frisch gemähten Rasen verweilenden Gästen der Seeanstalt ihre Blüten. Sollte es sich hierbei um eine neue Protestaktion von Umweltaktivisten handeln? Nach dem Motto 'Einen Eisberg auf Mineralölbasis nur zu Vergnügungszwecken künstlich herzustellen und mit den dabei produzierten Emissionen zum Klimawandel und in Folge zur Eisschmelze also der Vernichtung seines natürlichen Vorbildes beizutragen, ist krank!'? Aber kein Transparent ist zu sehen und niemand scheint am schwimmenden Riesenwackelpudding festzukleben. Oder ist das Ganze etwa der dezente Versuch von 'woken' Zeitgenossen, einen Fall von kultureller Aneignung zu verhindern? Ein Eisberg hat schließlich in hiesigen Breiten nichts verloren, außer vielleicht in der frühzeitlichen Ausstellung des Naturkundemuseums. Wie würden sich wohl die ohnehin durch Lebensraumverknappung gestressten Eisbären aus der Arktis bei diesem Anblick fühlen? An die hat mal wieder keiner gedacht! Aber beide Gruppierungen würden ihre Aktionen wohl kaum so lange geheim halten. Das Rätselraten geht weiter. Stand nicht neulich was in der Zeitung von diesem Kunstprojekt, ähm, 'Begehungen', oder hieß es doch 'Beschwimmungen'? Handelt es sich etwa um eine Life-Performance einer avantgardistischen Künstlergruppe zur Versinnbildlichung der Folgen des Klimawandels? Beim Badpersonal gibt man sich ahnungslos, es hätten sich keine Künstler gemeldet, man geht eher von Materialverschleiß in Verbindung mit unkontrollierter Wettereinwirkung aus, d. h. von höherer Gewalt. Der zufällig anwesende Kunstexperte Eberhard W. aus C. hält gerade diese Erklärung für den Beweis, dass es sich hier „um eine neue bemerkenswerte Dimension von zeitgenössischer Kunst handelt, die die darstellerische Kraft des scheinbar zufälligen Zusammenspiels zwischen dem Werk und der existenziellen Gewalt der natürlichen Elemente orchestriert, wobei der Künstler oder die Künstlerin durch seine oder ihre gewählte Anonymität, die Aufmerksamkeit gezielt auf die aus der Unerklärlichkeit entspringende Radikalität der Installation lenkt und in metaphysischer Weise ihre Expressivität ins Dramatische steigert. An symbolischer Strahlkraft nicht mehr zu überbieten. Einfach phänomenal!“ Die Generaldirektion der städtischen Kunstsammlungen kann bis zum Redaktionsschluss nicht beantworten, wer die Performance kuratiert hat. Sollte es ein Angebot für eine Ausstellung dieses Ausnahmewerkes geben, werde man dieses prüfen. Geeignete Flächen wären zum Beispiel auf dem Theaterplatz, aber auch, je nach der vom Künstler gewünschten politischen Relevanz, auf dem Dach des Kaufhauses im Stadtzentrum oder einem Parkdeck denkbar. Zur Not könnte auch wieder der Schlossteich als Freiluftgalerie für experimentellen Schrott – Verzeihung – Kunst herhalten. Die Leitung des Freibades verweist bei den nun zunehmenden Presseanfragen nur genervt auf die immensen Reparaturkosten. Der Begriff Haushaltsloch bekommt durch den defekten Eisberg eine neue Bedeutung für die ohnehin finanziell angespannte Situation der Stadt. Das lokale Tagesblatt „Morgen wird’s auch nicht besser“ überlegt, eine Titelstory über den ominösen „Stecher vom Stausee“ (Herkunft und Alter leider noch unbekannt, er trug aber vermutlich eine blaue Hose und ein schwarzes Shirt und hatte eventuell einen Bart) herauszubringen. Hierfür könnte man zwar keine Fakten bieten, aber die mit der bloßen Vermutung zu erreichenden Klicks und Verkaufszahlen würden die kleine Interpretation der Realität schon rechtfertigen. Ein Eisbergloch zur Stopfung des Sommerlochs kommt doch wie gerufen! Die Biologin Birne äh Birte Borken-K. gibt Entwarnung: „Aufgrund der Größe der Plastik besteht für die hiesige Flora und Fauna keine unmittelbare Gefahr. Ein Übergang der Materialien in die Nahrungskette von Seebewohnern wie der Stauseebrasse durch z. B. Verschlucken ist im Gegensatz zu Mikroplastik nahezu ausgeschlossen. Ein weit größeres Verschmutzungsrisiko für das Biotop stellen die Badegäste selbst mit ihren Einträgen toxischer Mischungen aus Sonnencreme, Kosmetika und Schweiß dar. Falls hier also jemals ein lebender Fisch gefunden wird, würde ich dringend vom Verzehr abraten. Der ist mindestens so krebserregend wie die Currywurst am Imbiss.“ Doch was sagen die nicht so kunst- oder ökologiebewanderten Besucher des Bades, die zufälligen Betrachter der rätselhaften Skulptur? Geronimo D., 11 Jahre: „Or nöh!!! Echt blöd! Ich will klettern!“ Joy-Esprit D., 6 Jahre: „Mama, mir ist langweilig!“ Enrico D., 38 Jahre: „Das kann doch wohl nicht wahr sein! Vierzehn Euro Eintritt und dann funktioniert der Eisberg nicht! Nicht mal das kriegt der Staat geregelt! So 'ne Schweinerei! Da muss ein neuer Sch...Eisberg her!“ Diana N.-D., 36 Jahre: „Jetzt reg dich nicht schon wieder auf Schatz, Eisberge sind doch zur Zeit nicht so leicht verfügbar, sagen sie doch in den Nachrichten!“ Enrico D., 38 Jahre: „Verdammte Sanktionen! Ich hab's dir gleich gesagt, am Ende müssen immer wir hier bluten!“ Diana N.-D., 36 Jahre: „Ruhig Enriggo! Außerdem seid ihr das letzte Mal doch auch nicht raufgeklettert.“ Geronimo D., 11 Jahre: „Dieses Mal wollt ich aber! Ischwör!“ Diana N.-D., 36 Jahre: „Wie wär's mit 'nem Eis?“ Geronimo D., 11 Jahre: „Neh, ich will 'ne Currywurst! Mit exra viel Pommes!“ Eberhard W., ohne Altersangabe: „Extra. Nicht exra.“ Geronimo D., 11 Jahre: „Was laberst du denn Opa? Stirb lieber! Ist besser für die Rentenkasse!“ Diana N.-D., 36 Jahre: „Nicht vor dem Schwimmen!“ Joy-Esprit D., 6 Jahre: „MIR IST langweilig!“ Geronimo D., 11 Jahre: „Ich geh doch in diesem Opferbad nicht schwimmen, wo die noch nich mal nen richtigen Eisberg haben! W-Lan is auch nich! Wann krieg ich endlich meine Currywurst?“ Enrico D., 38 Jahre: „Da hätten wir auch gleich zu Hause bleiben können, da können die Kinder wenigstens fernsehen!“ Diana N.-D., 36 Jahre: „Schatz, jetzt stell dich doch schon mal an. Vielleicht kriegen wir hier wenigstens was zu essen. Nicht das die Wurst dann auch noch aus ist!“ Marianne S., 62 Jahre: „Entschuldigung, ich stehe hier auch an!“ Enrico D., 38 Jahre: „Bei Ihrer Figur sollten Sie sich das nochmal überlegen!“ Marianne S., 62 Jahre: „Wie bitte? Also was fällt Ihnen ein! Harald?“ Und auf den demolierten Eisberg angesprochen: „Der stört mich nicht. Ich lieg' immer dort ganz hinten, mit dem Harald, unter den Bäumen, da seh' ich den kaum ohne Brille. Früher gab es das hier sowieso nicht! Da haben die Kinder noch Federball gespielt.“ Harald S., 67 Jahre: „Ich finde, das Ding sieht hässlich aus. Wenn er schon kaputt ist, sollte man ihn aus dem Blickfeld schaffen. Wer schaut sich schon gern alte Dinge an, die quasi dem Untergang geweiht sind!“ Marianne S., 62 Jahre, betrachtet ihren Gatten und verkneift sich einen Kommentar. „Man könnte ihn doch ausstopfen!“, ruft die Imbissverkäuferin dazwischen. Marianne S. verzieht erschrocken das Gesicht, bis ihr klar wird, dass der Eisberg gemeint war. Ein an der naturwissenschaftlichen Fakultät der hiesigen Universität eingeschriebener Student, der nicht namentlich genannt werden will und auch sein Alter nicht preisgibt, meint im Vorübergehen: „Vielleicht sollten wir uns an ein Leben ohne Eisberge gewöhnen. Und ohne Currywhh“, will er ergänzen, als seine Freundin ihn schnell von der Schlange am Imbiss wegzieht, bevor die Lage eskaliert. Geronimo D., 11 Jahre: „CURRYWURST!“ Joy-Esprit D., 6 Jahre: „LAAANGWEILIG!!!“ Harald S., 67 Jahre: „Hässlich!“ Der Kämmerer der Stadt: „Teuer!“ Eberhard W., ohne Altersangabe: „Exravagant!“ Deutschland. Ein Sommermärchen?
Klimakleber
von Veronika Ahnert 28 März, 2023
Deutschland streikt. Auf unterschiedliche Weise. Ein Vergleich zwischen dem Streik der Gewerkschaften und der Klimakleber, um die extrem verschiedenen Reaktionen zu verstehen. Spoiler-Alarm: es gelingt nicht...
Menschen verschiedener Kulturen bunt gemischt und friedlich
von Veronika Ahnert 01 Okt., 2022
Mein kleiner Beitrag zur Lesung des 1. Chemnitzer Autorenvereins im Rahmen der interkulturellen Wochen. Zwei Erlebnisse aus diesem Sommer bewegten mich zu diesem Plädoyer für Neugier, interkulturelle Verständigung und Sprachkurse...
von Veronika Ahnert 01 Mai, 2022
Ich betrachte Konfliktlösungsstrategien am praktischen Beispiel und stelle verblüffende Zusammenhänge zu physikalischen und psychologischen Wechselwirkungen fest.
Regenbogen meets Garagenkomplex
von Veronika Ahnert 14 Feb., 2022
Auf der Suche nach Glücksmomenten im Alltagsgrau. Ein Plädoyer für die echte, nicht-digitale Welt. Und der dringliche Wunsch an alle Betreiber von Kultur-, Sport- und Freizeitangeboten durchzuhalten, da zu bleiben!
Weihnachtsbeleuchtung
von Veronika Ahnert 31 Dez., 2021
Erleuchtung durch Beleuchtung? Ein Versuch, der Sehnsucht der Menschen (oder zumindest der Sachsen), nach dem Licht auf den Grund zu gehen...
Straßenbahn in Chemnitz
von Veronika Ahnert 29 Dez., 2021
humoristischer Blick auf die Herausforderungen im Alltag mit Corona am Beispiel einer Straßenbahnfahrt mit Maske
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